SV Emmendorf
von 1920 e.V.

Neujahrsinterview mit Benni Silbermann

Im Neujahrsinterview mit dem gar nicht mehr so neuen 2. Vorsitzenden des SV Emmendorf geht es um Bennis neue Funktion im Verein, den Verein an sich und wie sich der SVE für die Zukunft wappnen möchte.


Benni, du bist nun schon einige Monate 2.Vorsitzender, wie sind deine ersten Eindrücke?

Die Vorstandsarbeit an sich kannte ich ja schon ein wenig aus meiner vorherigen Funktion als 2. Schriftführer. Jetzt bin ich natürlich tiefer involviert, habe mehr Verantwortung, aber zugleich auch mehr Möglichkeiten eigene Ideen anzusprechen und umzusetzen. Insgesamt finde ich, dass der Vorstand des SV Emmendorf eine sehr gute Mischung aus erfahrenen Amtsträgern (Thomas Kellmer als Präsi, Gunda Würker als stellvertretende Kassenwartin) und jungen Ehrenamtlern ist. Äußerst positiv ist hier natürlich der Aspekt, dass mit Alb (Marcel Albry), Franni (Francesco Sabatino) und Mika (Oldag) und mir nun auf einen Schlag vier aktive Fußballer Vorstandsposten angenommen haben.


Wie siehst du das Vereinsleben auf dem Dorf in der Gegenwart, in der Zukunft und auch im Rückblick?

Ich hatte das Glück die goldenen Jahre des Vereinssports bewusst miterleben zu können. Zeiten ohne materiellen Überfluss, ohne Handys, ohne Internet in denen jeder Einzelne noch viel mehr von den Aktivitäten im eigenen Dorf profitierte, sich persönlich demzufolge auch viel bewusster einbrachte und die Vereine weniger Probleme hatten Übungsleiter bzw. engagierte Ehrenamtler zu finden. Sportfeste waren Selbstläufer. Das Dorf war von Freitag-Sonntag auf dem Vereinsgelände und dafür bedurfte es nicht viel mehr als ein großes Festzelt, ein paar Fußballspiele, eine Kinderolympiade, eine Band am Abend und natürlich ausreichend zu Essen und zu Trinken. Auch der jährliche Trimmtrab, die Fahrradtour und andere Aktivitäten fanden immer regen Anklang und der große Zuspruch war der Lohn für die Mühen der Organisatoren. Anfang der 2000er Jahre setzte dann langsam der Wandel ein. Sportfeste benötigten schon ein ganz spezielles Programm, um das Dorf auf die Beine zu kriegen. Wie z.B. 2010 zum 90.Geburtstag des SVE mit dem „Oktoberfest-Motto“. Der Fußball konnte sich zwar sehr lange behaupten, was sicherlich auch den vielen Erfolgen geschuldet war. Sonntags bei den Heimspielen war eigentlich immer viel los im Waldstadion. Und es gab jedes Jahr aufs Neue wieder Highlightspiele mit 300, 400 oder gar 500 Zuschauern. Mit dem Landesliga-Derby am Reformationstag 2017 gegen Teutonia Uelzen vor über 800 Anwesenden war dann ganz eindeutig der Höhepunkt erreicht. Selbstverständlich hat auch die Coronapandemie ihren Teil zur aktuellen Entwicklung beigetragen. Trotzdem steht die schon fast erschreckende Resonanz beim NFV-Pokal-Achtelfinale gegen den Oberligisten TuS BW Lohne im Grunde sinnbildlich für die Entwicklung des Vereinslebens. Ich meine man muss mal gucken, wo der SV Emmendorf herkommt. Um die Jahrtausendwende hat die I. Herren mit 1,5 Beinen in der 1. Kreisklasse gestanden und ist nun seit 2002 nahezu durchgehend auf Bezirksebene aktiv. 8 Meisterschaften konnte die „Erste“ feiern, auch die zweite Herren spielte sich zwischenzeitlich bis in das vordere Mittelfeld der Kreisliga vor. Pflichtspiele, nein sogar Pflichtspielsiege in Rotenburg, Bornreihe, Ahlerstedt und Cuxhaven gabs zu notieren. Der SV Emmendorf hat sich im gesamten Regierungsbezirk Lüneburg einen echten Namen gemacht und hat dabei nie seine Identität verloren. Der große Mannschaftssport steht nun allerdings mehr denn je auf wackeligen Beinen. Unsere Bezirksligaelf hat sich nach den Turbulenzen vor und in der letzten Landesligasaison zwar wieder sehr gut stabilisiert und die Zukunft der Mannschaft steht (teilweise schon als absolute Leistungsträger) schon auf dem Feld. Aber um die Zukunft der 2. Herren muss man sich mehr denn je Sorgen machen. Hier war es ein echter Kraftakt die Winterpause zu erreichen und es bedarf eines weiteren Kraftakts sich adäquat für die Rückserie und die Zeit darüber hinaus aufzustellen.


Wie wollt ihr den Verein für die Zukunft ausrichten?

Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Fußballsport weiter an Wichtigkeit verlieren und es immer schwieriger werden wird zwei Herrenmannschaften im Spielbetrieb zu halten. Vielleicht wird es in ein paar Jahren sogar zu einem echten Problem eine Mannschaft an den Start zu bringen. Von daher müssen wir den Verein dahingehend stärken, dass der „kleine“ Gruppensport bessere Sportmöglichkeiten in Emmendorf hat. Der Rehasport wird ein immer größerer Faktor werden. Deshalb haben wir im Vorstand schon darüber gesprochen, ob wir vielleicht nochmal ein größeres Bauvorhaben planen und umsetzen wollen. In diesem Falle brachte ich die Idee eines Mehrzweckraumes auf, der in direkter Nähe zum Vereinsheim entstehen könnte und so die vorhanden sanitären Räumlichkeiten nutzen könnte. Hier könnten dann die Turngruppen, sämtliche Rehamaßnahmen und z. B. auch Ballsportarten wie Tischtennis ihren Platz finden. Mit dieser Thematik werden wir uns 2022 intensiver beschäftigen und erörtern, ob so ein Vorhaben finanzierbar und realisierbar (Stichwort Eigenleistung) wäre.


 

SVE: Die 2.Herren ist seit geraumer Zeit das Sorgenkind im Verein. Aus dem Mittelfeld der Kreisliga ging es bis ans Ende der 1.Kreisklasse mit inzwischen 26 Niederlagen in Serie, den letzten Punktspielsieg gab es am 3.November 2019 (2:1 gegen den SV Zernien) zu feiern. Gibt es eine Erklärung für diese Entwicklung?

B.S.: Es ist sicherlich schwierig bis unmöglich die eine schlüssige Erklärung zu finden, warum es bei unserer 2.Herren so dramatisch bergab ging. Fakt ist meiner Meinung nach auf jeden Fall, dass der Mannschaft über die letzten Jahre ein Stück weit die Identität verloren gegangen ist. Früher setzte sich eine Reservemannschaft wahrscheinlich zu 95% aus Bewohnern des Ortes zusammen, diese Zeiten sind natürlich längst vorbei. Trotzdem bestand der Kern der Mannschaft immer aus einem verschworenen Haufen, der schon lange Bezug zum Verein hatte und dieses Gerüst trug die Mannschaft dann auch durch gute und vor allem weniger gute Zeiten. Nach und nach sind diese Akteure  weggebrochen und das Gerüst stand in der Folge Jahr für Jahr auf wackeligeren Beinen. Nun sind wir an einem Punkt angekommen, wo die Mannschaft nur noch mit starker Unterstützung der 1.Herren im Spielbetrieb gehalten werden konnte. Die Aufgabe ist es jetzt mit den vorhandeneren Spielern, dem einen oder anderen Neuzugang, weiterhin mit Aushilfen aus der I. Herren und der Unterstützung von Standby-Spielern die 10 Spiele der Rückserie möglichst erfolgreich zu starten, neues Feuer zu entfachen und die „Zweite“ auf ein stabiles Fundament für die Zukunft zu stellen. Dazu zählt selbstverständlich auch ein Trainer, der unter den aktuellen Voraussetzungen natürlich sich so leicht für dieses Amt zu begeistern ist und demzufolge zu gefunden werden muss.


SVE: Auch bei der I. Herren steht mal wieder eine Veränderung auf dem Trainerposten an. Bekanntlich hat ja Achim Otte aus dem Trainerduo seinen Abschied angekündigt. Wie beurteilst du diese Situation?

B.S.: Als Fußballromantiker würde ich mir natürlich wünschen, dass man einen oder in diesem Falle eben zwei Trainer für den Verein gewinnt und dann erstmal 5-7 Jahre Ruhe hat, weil Verein, Trainer und Mannschaft in Ruhe und mit Geduld etwas aufbauen (wollen). Aber auch diese Zeiten sind vorbei. Die Halbwertzeit ist in den 2010er und 20er Jahren nicht nur bei den Spielern, sondern auch bei den Trainern immer geringer geworden. Schneller kommt der Wunsch nach etwas Neuem auf und vielleicht ist der Verschleiß heute auch einfach größer, weil alles viel komplexer geworden ist. Ich habe es vor paar Jahren schon als damaliger Kapitän der 1.Herren gesagt, ich ziehe den Hut vor Kelly (1.Vorsitzender Thomas Kellmer) und dem Fußballvorstand, dass sie immer wieder super Nachfolgelösungen aus dem Hut gezaubert haben und sich nicht entmutigen ließen, wenn sie wieder mal viel früher als gedacht/erhofft „ran mussten“. Aber auch dieses Mal werden wir eine Lösung finden und am Ende hat der SV Emmendorf schließlich auch viel Positives zu bieten. Eine tolle Anlage, ein Verein der voll hinter der I. Herren steht, viele Helfer, die die Heimspieltage abwickeln und nicht zu vergessen bieten wir als einer von 8 Standorten im Landkreis Uelzen Herrenfußball auf Bezirksebene an.


SVE: Im vergangenen Sommer wechselten etliche Spieler aus der eigenen U18 des Vereins in den Herrenbereich, wie fällt hier dein Zwischenfazit aus?

B.S.: Es ist schon beachtlich wie reibungslos ein Großteil der Jungs den Übergang vom Junioren- in den Seniorenbereich gepackt hat. Robin Becker und Lucas Gröger wurden z.B. von Anfang zu absoluten Leistungsträgern und haben jedes Punktspiel in der Startelf bestritten. Vielleicht hat man von gerade einmal 18-jährigen sogar etwas zu viel gefordert, aber die personelle Situation ließ es gerade zum Ende der Hinserie nicht zu, etwas Last von den Schultern der Youngsters zu nehmen und ihnen mal eine kleine Pause zu gönnen. Auch Mick Machate war von Anfang an auf Augenhöhe und konnte sich direkt im NFV-Pokal gegen den TuS BW Lohne beweisen. Tjare Liedtke und Yorik Dobrowolski brauchten etwas mehr Anlaufzeit wurden aber spätestens in der Endphase zu elementaren Bestandteilen. Letztgenannter sorgte mit seinem 1:0 gegen Wustrow für die wichtige Führung – 17 Jahre war er zu diesem Zeitpunkt wohlgemerkt noch!


SVE: Kommen wir zu dir, seit 2001 bist du Bestandteil der I. Herren, viele Jahre Kapitän, wahrscheinlich keine 15 Pflichtspiele in den 21 Jahren verpasst, warum auch 2022 noch?

B.S.: Hier gibt’s im Wesentlichen zwei Gründe. Wir müssen uns nichts vormachen, mit Frau und Kindern wäre ich in der Form sicherlich schon einige Jahre nicht mehr dabei. Gerade im höheren Fußballeralter geht es nur mit 100%, wenn man den eigenen Ansprüchen gerecht werden will. Und das wäre mit meiner Einstellung zum Sport nicht zu vereinen gewesen. So sind der Sport und die Personen, die ich damit verbinde aber ganz klar mein soziales Auffangnetz geworden. Nur für die Arbeit allein braucht man nicht zu Leben...

Der zweite große Grund ist schlicht die Liebe zum Spiel. Ich war immer ein Wettkämpfer und auch jetzt ist es pures Adrenalin, wenn am Sonntag um 15.00 Uhr der Anpfiff ertönt. Mittlerweile genieße ich es aber einfach und freue mich, dass ich noch wichtiger Bestandteil der I. Herren bin. In meiner Hochzeit war es eher mit Leistungsdruck und dem Erreichen der sportlichen Ziele verbunden. Nach dem Spiel kaputt in der Kabine zu sitzen, bisschen zu quatschen und eine Cola zu trinken – dafür lohnt es sich auch mit 38 noch wortwörtlich „am Ball zu bleiben“.


SVE: Sehen wir dich also auch 2022/23 noch im Trikot der I. Herren?

B.S.: Mein Anspruch war und ist es immer noch, dass ich als Leistungsträger abtreten will und mir nicht andere dazu raten müssen. In dieser Saison bin ich noch ein Fixpunkt im Emmendorfer Spiel, so selbstbewusst kann ich denke ich sein. Und so lange Gegner und natürlich auch die eigenen Mitspieler Respekt vor mir bzw. den sportlichen Leistungen haben, werde ich alleine aus den oben genannten Gründen wohl noch eine weitere Saison ran hängen. Immer natürlich unter der Voraussetzung, dass der Körper mitspielt und die Kadersituation es erfordert. 22 Jahre I. Herren SV Emmendorf hätte was – 1 Jahr mehr als unser „German Wunderkind“ Dirk Nowitzki bei den Mavericks :-)…

SVE: Danke für deine offenen Worte!

E-Mail
Karte
Instagram